Geld weg, Würde weg? Bezahlkarte und Werteklau in Deutschland

Das Justizministerium Baden-Württemberg zeigt, wie man mit schlechten Ideen von anderen europäischen Ländern noch schlechtere Politik macht. Wer als geflüchtete Person in Deutschland ankommt, soll bald nicht nur mit einem komplizierten Asylverfahren, überfüllten Unterkünften und rassistischen Anfeindungen konfrontiert sein – sondern auch gleich noch sein Geld und seine Wertsachen loswerden. Der neue Vorstoß aus Stuttgart sieht vor, Geflüchteten Bargeld über 200€ einfach abzunehmen. Begründet wird das mit „Kostendeckung“ und dem Vorbild Dänemark, einem Land, das sein Asylsystem konsequent unmenschlich gestaltet hat.
„Diese Praxis ist nichts anderes als eine systematische Enteignung. Menschen, die vor Krieg, Gewalt und Not geflohen sind, wird hier nicht nur die materielle Existenzgrundlage genommen, sondern auch jegliche Würde“, erklärt Tamara Lux, Pressesprecherin des Jugendwohnprojekts MittenDrin e.V.
Während Baden-Württemberg also den materiellen Existenzdruck für Schutzsuchende weiter erhöht, setzen Brandenburg und andere Bundesländer auf eine andere Form der Entmündigung: die Bezahlkarte. Ein Instrument, das suggeriert, Geflüchtete könnten nicht selbstverantwortlich mit Geld umgehen und deshalb an festgelegte Supermärkte und Dienstleister gebunden werden müssen. Potsdam hat sich entschieden, diesen Irrsinn nicht mitzumachen – eine Entscheidung, die der Landkreis Ostprignitz-Ruppin dringend übernehmen sollte!
Bezahlkarte: Kontrolle statt Hilfe
Die Einführung der Bezahlkarte bedeutet für Geflüchtete massive Einschränkungen im Alltag. „Das Recht auf freie Kaufentscheidungen wird eingeschränkt, private Überweisungen unmöglich gemacht und jeder einzelne Einkauf wird staatlich mitkontrolliert“, so Jan Hennig, ebenfalls Pressesprecher des Vereins. „Besonders perfide ist, dass die Karte oft an bestimmte Geschäfte gebunden ist, wodurch kleine Läden, Flohmärkte oder Second-Hand-Shops ausgeschlossen werden. Ein nachhaltiger, selbstbestimmter Alltag? Fehlanzeige!“
Doch der eigentliche Zweck der Bezahlkarte geht noch weiter: Ein vorgeschobener Grund ist, Menschen daran zu hindern, Geld an ihre Verwandtschaft im Ausland zu schicken. Damit wird suggeriert, sie würden Deutschland zur eigenen „Bereicherung“ nutzen und ihre Familien außerhalb Deutschlands finanzieren. Tatsächlich trifft dies aber vor allem Menschen, die auf der Suche nach einem Leben ohne Krieg und Verfolgung sind – die Bezahlkarte soll sie vorsorglich davon abhalten, überhaupt nach Deutschland zu kommen.
Zudem kritisieren Antirassismus-Verbände und PRO ASYL, dass die Karte nicht nur diskriminierend ist, sondern auch tief in die Grundrechte der Betroffenen eingreift. Sie beschränkt die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, erschwert den Zugang zu Online-Dienstleistungen und wurde bereits von Gerichten als potenziell verfassungswidrig eingestuft. Besonders skandalös ist, dass die Bundesregierung damit eine weitere symbolpolitische Maßnahme setzt, um Geflüchtete abzuschrecken, anstatt echte Unterstützung zu leisten.
Mit der Bezahlkarte und der systematischen Enteignung in Baden-Württemberg zeigt sich ein klarer Trend: Geflüchtete werden nicht als Menschen mit Rechten behandelt, sondern als Verwaltungsfälle, die so unbequem wie möglich gemacht werden sollen. „Während deutsche Unternehmen am globalen Wirtschaftssystem profitieren, werden Menschen, die vor Armut, Krieg und Verfolgung fliehen, kriminalisiert, entrechtet und wirtschaftlich entmündigt“, kritisiert Lux scharf.
Wir sagen: Damit muss Schluss sein!
„Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin muss der Bezahlkarte eine Absage erteilen – genau wie Potsdam“, fordert Hennig. „Die Gängelung von Menschen, die vor Gewalt und Not geflohen sind, hat keinen Platz in einer solidarischen Gesellschaft. Stattdessen brauchen wir eine Politik, die Asyl als Menschenrecht begreift – bedingungslos, würdevoll und solidarisch.“
Bereits jetzt gibt es viele coole Initiativen, die Tauschorte und Tauschmöglichkeiten geschaffen haben, um das Tageslimit von 50€ zu umgehen und den Menschen die Selbstbestimmung über ihr Geld zurückzugeben. Dies ist ein starkes Zeichen für Solidarität und Selbstermächtigung – und auch für den Landkreis Ostprignitz-Ruppin eine gute Sache. Wir als Verein unterstützen solche Ansätze aktiv und setzen uns dafür ein, dass sich möglichst viele Menschen daran beteiligen!
Für ein bedingungsloses Bleiberecht! Für ein bedingungsloses Recht auf Asyl!
Tamara Lux & Jan Hennig Pressesprecher*innen Jugendwohnprojekt MittenDrin e.V.