Redebeitrag „Sozialismus oder Barbarei – zum Umgang mit der AfD“

internationale-solidaritätWir dokumentieren an dieser Stelle den Redebeitrag der „Antirassistischen Initiative Neuruppin“ zu der heutigen Demonstration auf dem Schulplatz:

 

Die Strategie der meisten Antifaschist_Innen im Umgang mit Rassismus war in der Vergangenheit vor allem die Skandalisierung. Wir haben versucht zu zeigen, dass Rassismus eine Ideologie ist, die nur Hass gegen Menschen erzeugt und daher abzulehnen ist. Das ist grundsätzlich richtig, aber aktuell scheint diese Strategie an ihre Grenzen gekommen zu sein. Wir plädieren daher für einen anderen Umgang mit der gesamten Problematik!

Die Wahlerfolge der AfD in den letzten Wochen haben erneut bewiesen, dass es ein enormes rechtes Potenzial in der Bundesrepublik gibt. Über 24% in Sachsen-Anhalt sind ein mehr als bedrohliches Zeichen. Menschen die AfD wählen betonen oft, dass sie eine grundsätzliche Änderung ihrer Lebensumstände verlangen. Es herrschen massive soziale Abstiegsängste. Diese Ängste sind berechtigt und es stimmt leider, dass sich kein Schwein für diese Ängste interessiert. Die AfD ist in der Lage diese Ängste zu bedienen und rassistisch aufzuladen. Es sind angeblich die Fremden, die auch noch das letzte Hemd von denen fordern, die so schon viel zu wenig zum Leben haben. Sachliche Argumente gegen solche Behauptungen greifen meist ins Leere. Diese Menschen haben sich eine eigene Parallelwelt geschaffen, in der sie sich in alte Zeiten zurück träumen, in denen noch alles ordentlich deutsch war, in der sie sich gegenseitig in ihrer Identität bestätigen können (denn die eigene Abwertung ist nur durch die der Anderen zu ertragen) und die sich effektiv gegen Kritik abschotten kann. Belege für diese Abwehr von Kritik sind beispielsweise Wörter wie „Gutmensch“ und „Lügenpresse“. Alles was dem eigenen Weltbild im Wege steht kann so ganz einfach weggewischt werden.

Diese Menschen glauben tatsächlich, dass sie nicht rassistisch sind. Rassist_Innen sind für sie vielleicht noch Anhänger von Blut&Boden-Ideologien, tätowierte Hakenkreuz auf der Stirn oder ähnliches. Sie selbst sehen ihren Rassismus als „Kritik“ an vermeintlich fremden Kulturen und deren Lebensweisen. Sie sind ja keine Nazis, aber… Und überhaupt: Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen. #Meinungsfreiheit

Diese Menschen sind nicht mehr durch Argumente zu erreichen. Sie wollen sich nicht in die Lage der Geflüchteten hinein versetzen. Es ist ihnen schlicht egal was für furchtbare Ereignisse gerade tausende Menschen durchleben müssen, die in Lagern hausen müssen, die Bombeneinschläge erlebt haben und die ihre Angehörigen und ihren Besitz verloren haben oder zurücklassen mussten. Die einzige Partei die wahrnehmbar vorgibt die Interessen dieser Menschen zu vertreten ist die AfD. Und genau an diesem Punkt müssen wir ansetzen:

Parteien, die noch einen Restanspruch an „sozialer Verantwortung“ an sich selbst haben wie „DIE LINKE“, die Grünen oder die SPD müssen wieder konsequent linke, dass heisst soziale Politik machen! Und das wiederrum kann nur heissen: radikale Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums! Reiche müssen massiv besteuert werden. Die Vermögensverteilung in diesem Land ist grotesk. Ein paar Dutzend Superreiche besitzen mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Es muss wieder ein Sozialstaat aufgebaut werden, der in der Lage ist allen Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Es ist genug Geld da, welches die Gesellschaft erarbeitet hat. Die Gesellschaft hat das getan und nicht etwa die Superreichen, die aber über den geschaffenen Reichtum verfügen können.

Mit diesem Schritt ist es möglich Allen in diesem Land wieder ein gutes Leben zu ermöglichen. Dann ist es nicht mehr notwendig zu betonen, dass man Deutscher ist und daher ein „genetisch-bedingtes Recht“ auf Hartz IV hat und der syrische Kriegsflüchtling – mangels der „richtigen Gene“ – eben nicht.

Wir müssen den Menschen, die Illusion nehmen, dass die AfD eine Partei ist, die sich für die Belange der Bevölkerung oder umgangssprachlich des „kleinen Mannes“ einsetzt. Und am Besten nimmt sich die AfD diesen Schein selbst: mit dem Entwurf ihres eigenen Wahlprogrammes. Das kann nämlich nicht anders bezeichnet werden als ein Sahnebonbon für die bereits Wohlhabenden. Die AfD will beispielsweise die Erbschaftssteuer abschaffen (hey!) und den Spitzensteuersatz um 20% senken (wuhu!) oder ein einheitlichen Einkommenssteuersatz von 25% (oh yeah!). Für mindestens 95% der Menschen in diesem Land würde das eine deutliche Verschlechterung bringen – und die ohnehin schon Reichen würden noch reicher. Außerdem will die AfD, dass Kommunen insolvenzfähig werden sollen. Gleichzeitig soll dann aber auch noch die Gewerbesteuer abgeschafft werden – unter uns: das ist die Haupteinnahmequelle der meisten Städte. Genialer Vorschlag um in kürzester Zeit soziale Katastrophen in verschuldeten Städten zu erzeugen. Und das geht ja noch so weiter! Das ist nicht alles von dem Unfug, den die AfD umsetzen will! Aber ich will euch den Rest dann doch ersparen… Ihr könnt ja selbst recherchieren!

Fakt ist: Gegen die AfD hilft nur Aufklärung und soziale Alternativen. Die etablierten Parteien sollten sich darauf besinnen und zu einem eigenen Umdenken kommen!

Viele von uns haben aber auch gar nichts mit Parteien am Hut, beziehungsweise geht unsere Vorstellung von Demokratie darüber hinaus, dass man nur alle paar Jahre irgendwo ein Kreuz macht und gut ist. Wir müssen gemeinsam auf die Straße und für ein besseres Leben kämpfen. Wir müssen zusammen mit den Gewerkschaften für einen gerechten und gleichen Lohn und bessere Arbeitsplätze kämpfen. Wir müssen wieder aufstehen gegen Kriege, deutsche Waffenexporte, Zeitarbeit und die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Wir müssen unsere Nachbar_Innen unterstützen, wenn eine Zwangsräumung droht und die Schüler_Innen ermutigen für ihre Rechte zu streiten.

Denn die meisten Probleme in diesem Land sind hausgemacht oder zwangsläufige Erscheinungen einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung und es bedarf schon einer gewissen „naiven Dümmlichkeit“ um dafür Geflüchtete verantwortlich machen zu wollen. Oder so zu tun, als wären beispielsweise sexualisierte Übergriffe und Gewalt vor den Ereignissen in Köln an Silvester letzten Jahres kein Thema gewesen. Die vielen Frauenhäuser in diesem Land sprechen eine ganz andere Sprache…

Weltweit befinden sich faschistische Bewegungen wieder im Aufwind. Wir müssen diese Entwicklung stoppen! Und an dieser Stelle sei Ross und Reiter klar benannt: Die AfD ist eine faschistische Partei in der Aufbauphase, die mit Hass, Angst und Vorurteilen auf Stimmenfang geht und denen ein antisozialer und autoritärer, völkischer Staat vorschwebt. In anderen Staaten Europas sieht es nicht viel besser aus. Die Zukunft scheint finster, aber noch ist nichts verloren. Und auch wenn es für einige hier pathetisch klingen mag: Wir halten es mit Rosa Luxemburg, die sagte dass uns das Leben im Kapitalismus nur die Wahl lässt zwischen „Sozialismus oder Barbarei“. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass das gute Leben für alle möglich wird. Wir werden uns unsere Menschlichkeit bewahren und den Menschenfeinden entgegenrufen: Ihr bekommt keine weitere Chance auf anderen Menschen herumzutrampeln. Gegen eure Ausgrenzung stellen wir unsere Solidarität.

Nationalismus ist keine Alternative und Rassismus keine Meinung!

Das schöne Leben wird nicht erbettelt, sondern erkämpft! Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass es wahr wird!