Antirassistische Kritik unerwünscht

Am Samstag, dem 08.09.2012 fand in Neuruppin (Kreis OPR / Brandenburg), ein sogenanntes „Auftaktfest zur Interkulturellen Woche“ statt. Ein Fest von und mit den „Bewohner_innen“ des Übergangsheim für Asylsuchende.

Und auch wenn Puppenspiele, Chorgesänge und Kochgruppen von den Asylbewerber_innen mit organisiert wurden, waren von den ca. 120 Bewohner_innen nur wenige anwesend. Wo waren die anderen? Eine Frage, die wir nicht beantworten können. Die meisten Bürger_innen, die auf diesem Fest waren, machten einen mehr oder minder desinteressierten Eindruck an der Flüchtlingsthematik. Wahrscheinlich weil sie gar nicht zum Thema gemacht wurde. „Ein interkulturelles Programm für Groß & Klein, sowie Raum und Zeit zum Kennenlernen“ – Das war das Thema bzw. der Sinn des Ganzen. Doch für kritische Töne waren an diesem Tag kein Platz. Als Jugendliche aus dem Umfeld des JWP-MittenDrins, einen zuvor zugesicherten Redebeitrag halten wollten, wurde ihnen dies von den Organisatoren des Festes untersagt. Darunter Danilo Kunze, Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landkreises OPR und Martin Nowak, Quartiermanager der Fontanestadt Neuruppin zur Konzeptentwicklung der sozialen Daseinsvorsorge. Kunze, der täglich am Schreibtisch über die Schicksale von Menschen richtet, ließ von vornherein keine Diskussion zu und untersagte uns eine Politisierung „seines“ Festes, da dieser Tag für ihn in keinem politischen Zusammenhang stünde.

Um die Inhalte unseres Redebeitrags dennoch an die Menschen zu bringen, entschieden wir uns spontan zur Vervielfältigung unseres Beitrags, um sie als Flyer auf der Veranstaltung zu verteilen. Unmittelbar nach Beginn der Aktion, wurden uns und den Leuten, welche die Zettel schon erhalten hatten, diese von Kunze, Nowak und weiteren Organisatoren aus der Hand gerissen und mit Repression durch die Staatsgewalt gedroht. Dennoch bildeten sich vereinzelte Diskussionen, die aber sofort durch ein Hausverbot der Organisatoren unterbunden wurden. Einzig und allein Sebastian Kilian, einer der Mitorganisatoren, war zu weiteren Gesprächen außerhalb des Geländes bereit.

Auch der an diesem Tag gepflanzte „Apfelbaum der Toleranz“, täuscht nicht über die geheuchelte Fürsorge, der politisch Verantwortlichen, hinweg. Selbst wenn die Intention des Festes gut gemeint war, bringt es keine reale Verbesserung der Lebenssituation der Asylsuchenden. Die Organisatoren bereiteten diesen Tag als „oberflächliche Wohlfühlshow“ vor, bei der sich mit herzlichen Reden und warmen Essen gegenseitig auf die tolerante Schulter geklopft wurde. Die Tatsache, dass die Kritik an den bestehenden Verhältnissen im Heim aktiv verhindert wurde, beweist, dass eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der Problematik nicht erwünscht ist.

 

Wir fordern die Auflösung des Heims und eine dezentrale Unterbringung für alle Flüchtlinge!

Bleiberecht für alle Asylsuchenden!

3 Kommentare

  1. durch zufall lande ich hier auf ihrer seite, weil ich am rande des festes die kurze diskussion der jugendlichen und ihren gewünschten redebeitrag mitbekommen habe.

    den eindruck, dass ein redebeitrag im vorfeld zugesichert war, konnte ich nicht erkennen wohl aber die ziemlich unsachliche art der diskussionsführung auf seiten der jugendlichen.

    es ist einfach nur schade, hier lesen zu müssen wie ein wirklich gelungendes fest schlecht geredet wird. und das, offensichtlich aus gekränkter eitelkeit, oder?

    warum waren nicht alle bewohner anwesend? gab es eine anwesenheitsliste? genauso könnte man fragen, warum nicht alle neuruppiner den martinimarkt besuchen. gerade hier zeigt sich ein respektvoller umgang, jeder ist frei in seiner entscheidung dabei zu sein, oder aber auch nicht.

    weiter im text, desinteresse der anwesenden bürger. das konnte ich so auch nicht feststellen. vielmehr sah ich menschen, die sich interessiert unterhielten und austauschten.

    ihr flugblatt wurde auch mir ungefragt in die hände gedrückt. leider ist ein eine ansammlung von fakten, die teilweise einfach nur veraltet sind. natürlich ist die situation der flüchtlinge keine leichte, aber gerade in der letzten zeit wurde hier in neuruppin einiges getan.

    die wertgutscheine wurden abgeschafft, familien müssen nicht mehr im übergangswohnheim wohnen, sprachkurse werden sehr professionell angeboten und durchgeführt.

    das findet in ihren ausführungen überhaupt keinen niederschlag, daher ist es meiner meinung nach ein eine einseitige art und ziemlich polemischer umgang mit diesem thema.

    und am rande: wenn ein mitarbeiter aus der ausländerbehörde zusammen mit den bewohnern des übergangswohnheimes feiert, was bedeutet das? für mich zeugt es von einem menschlichen umgang miteinander. ihr satz, dass herr kunze über „das schicksal von menschen richtet“ ist daher polemisch und unangebracht.

    alles in allem habe ich den eindruck, dass verletzte eitelkeit diese zeilen hat schreiben lassen. es hat sich bereits einiges in neuruppin verändert, es wäre schade, wenn sie die zukunft verpassen, nur um krampfhaft das alte feindbild hoch zu halten.

  2. Vielen Dank für Ihren Kommentar.
    Wir haben die Aktion intern auch teilweise als kritisch bewertet. Im Ergebnis ziehen wir aber ein positives Fazit.

    Natürlich hat es Verbesserungen gegeben, aber die wurden hart erkämpft und es mussten viele Widerstände überwunden werden. Wir haben mitgeholfen, wo es uns möglich war!

    Die Bedingungen im Heim sind allerdings weiterhin menschenunwürdig! Und es passiert quasi nichts. Da helfen auch kleine Verbesserungen nichts. Die Fenster sind weiterhin nicht dicht, die Heizungen defekt, die Duschen nicht abschließbar und in den Küchen tanzen die Kakerlaken Tango. Es ist einfach vollkommen unangemessen, dass den politisch Verantwortlichen hier eine Bühne geschaffen wird, in der sie sich selbst beklatschen können, ohne zu diesen Missständen Stellung zu beziehen. Das Motto dieses Jahr lautete: „Du bist willkommen, wer immer du bist“ – das ist einfach nur zynisch, wenn man sich die Abschiebepraxis dieses Staates ansieht. Das ist zynisch, wenn man sich ansieht wie viele Flüchtlinge es nicht einmal nach Europa schaffen, weil sie vorher abgefangen werden und dann im Mittelmeer ersaufen. Dieses heuchlerische Selbstinszenierung werden wir niemals unkommentiert lassen! Ist das veraltete Kritik?

    Herr Kunze ist im Landkreis direkt für Abschiebungen verantwortlich. Es ist für uns unbegreiflich wie ein Mensch, der soviel Macht über andere auszuüben im Stande ist, eine freundschafliche Beziehung zu seinen „Klient_Innen“ aufbauen kann. Wie soll das auch aussehen? Vormittags miteinander einen Kaffee trinken und nachmittags die Abschiebung unterschreiben? Herr Kunze hat sich oft genug deutlich positioniert. Wer menschlich handelt, kann so einen Job nicht machen, so einfach ist das!

    Und wessen gekränkte Eitelkeit meinen Sie? Es geht hier nicht um uns, sondern um die Situation der Menschen im Heim. Darüber wollen wir reden! Und wir wollen, dass die Betroffenen endlich mal zu Wort kommen und nur immer über sie geredet wird! Was denken sie haben die zu sagen?

  3. Zitat:

    „Es geht hier nicht um uns, sondern um die Situation der Menschen im Heim. Darüber wollen wir reden! Und wir wollen, dass die Betroffenen endlich mal zu Wort kommen und nur immer über sie geredet wird! Was denken sie haben die zu sagen?“

    Sehr gut erkannt. Leier ist den Deutschen so ziemlich egal wer wo in Heimen steckt. Integration bedeutet ja für ausländische Mitbewohner immer noch Deutsch zu werden.

    Na ja….Bier und Eisbein sind ja auch ne feine Sache, gelle (Ironie aus)

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